Dao Wissen - Mensch & Natur

Selbstkultivierung

Der menschliche Körper ist ein ins Kleine projiziertes Hologramm des Weltalls. Die Vorgehensweise bei der Selbstkultivierung folgt dem Aufbau des Makrokosmos. Auf methodisch-systematische Vollständigkeit, feste interne Reihenfolge und Integrität der Bestandteile wird dabei großer Wert gelegt. Ein daoistischer Leitsatz lautet: 'Mein Schicksal bestimme ich, es liegt nicht in den Händen des Himmels.'

Die vier Großphasen der Selbstkultivierung nennt man:

  • Der Mensch folgt der Erde (人法地, Ren Fa Di),
  • Die Erde folgt dem Himmel (地法天),
  • Der Himmel folgt dem Dao (天法道),
  • Dao bringt die Natur hervor (道法自然).
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Die vorgeburtliche Anlage des Individuums, welche unter Anderem ihren Ursprung in der Vererbung hat, durchläuft während der Entfaltung des menschlichen Lebens vor dem 16. Lebensjahr einen natürlichen Prozess der Vervollständigung. Unterdessen wechseln die physiologischen Systeme des Organismus allmählich aus dem sogenannten vorgeburtlichen in den nachgeburtlichen Zustand über. Dies bedeutet, dass zunehmend vorgeburtlich gesteuerte Abläufe im Körper durch nachgeburtliche überlagert werden, bis sie schließlich funktional ausgetauscht worden sind.

Die große Methode der Weisen und ihre Wissenschaft vom Leben versteht sich als natürliche, oder besser: die ursprüngliche Natur wiederherstellende Antwort auf diesen Prozess. Die unsichtbare Energie des Himmels-Lichts und des Erd-Qi kann von der Jugend aufgrund ihrer noch nicht in den 'Winterschlaf' gefallenen vorgeburtlichen Struktur spontan aufgenommen werden. Ältere und mittlere Jahrgänge müssen dagegen üben, um das ihnen eigentlich Angeborene zu reaktivieren. Man spricht dann davon, dass das vorgeburtliche Qi des De von außen zurückkehrt in die Systeme von Körper und Seele und den inneren Verlust restituiert.

Mündlich und schriftlich wurden vor diesem Hintergrund praktische Anweisungen zur Selbstkultivierung, Erhaltung der Gesundheit, Vorbeugung und Gesundheitspflege überliefert. Sie koordinieren die Balance des inneren Tai-Ji mit dem Wiederaufbau der Systemfunktionen des Körpers und lassen sich nach drei Gesichtspunkten unterteilen:

Der erste Aspekt erfasst die Kultivierung von Wissen und Denken, welche auf den Zustand eines 'leuchtenden Herzen' zielt, d.h. auf Verbesserung bzw. Wandel des Yin-Shen in Richtung des Yang-Shen.

Der zweite Aspekt bezieht sich auf den ganzheitlichen Wiederaufbau der Ti-Yuan-, der Wu-Yuan- und der Zhi-Yuan-Strukturen des spirituellen Systems, d.h. auf interne Qualitätssteigerung bzw. Ausgleich der Fünf De innerhalb der körpereigenen Grenzen.

Der dritte Aspekt ist die Regeneration des fleischlich-körperlichen Trägers, auf dass er höhere Aufnahmebereitschaft erlange für die Energie der Fünf De aus dem Kosmos.

Ausnahmslos setzen alle Selbstkultivierungs-Theorien nach Laozi bei der Erfassung des seelisch-spirituellen Systems an, d.h. dem Dasein der Shen. Der Wesen des Körpers zu achten und ihnen ein freundliches inneres Dao-De-Milieu zu bereiten – hierin liegt also der eigentliche Sinn der legendären Methode zur Erlangung von wahrer Gesundheit und Langlebigkeit.

 

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